Religiös-moralische Lebensführung statt Radikalität – FAU EZIRE-Projekt „Wechselwirkungen“ zu Predigten in deutschen Moscheen

Das Projekt „Wechselwirkungen“, angesiedelt am Forschungszentrum für Islam und Recht in Europa an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und geleitet von Dr. Jörn Thielmann, hat sich über mehr als zwei Jahrzehnte mit Fragen rund um die Auswirkungen der gesellschaftlicher Diskurse zu Islamismus und Radikalisierung auf die muslimischen Communities auseinandergesetzt. Inwieweit in deutschen Moscheen radikale Inhalte gepredigt werden, war Thema eines von sechs Teilprojekten.

Trotz der weit verbreiteten Meinung, die Predigten in deutschen Moscheen seien eine Quelle von Radikalisierung, kommt das langjährige Projekt unter Leitung der FAU-Islamwissenschaftlers Dr. Jörn Thielmann zu anderen Ergebnissen. Die Freitagspredigten, ein zentraler Bestandteil der islamisch-religiösen Praxis, beschäftigen sich zumeist mit alltäglich religiösen und moralischen Themen, darunter zwischenmenschlichen Beziehungen, Erziehung und Bildung, Spiritualität, religiöser Lebensführung, Tugenden und Moral. Auch auf Nachbarschaftlichkeit, Umweltschutz, die Unterstützung Bedürftiger, allgemein, ein am Wohle der Gesellschaft orientiertes Handeln, wird eingegangen, so „Wechselwirkungen“-Projektleiter Thielmann. Darüber hinaus werden gerade gesellschaftlich und politisch relevante Themen nicht übergangen. Besonders Extremismus und Radikalität werden angesprochen, jedoch gerade mit einem Augenmerk auf deren Problematisierung, Ablehnung, gepaart mit dem Aufruf zu Mäßigung und gesellschaftlichem Engagement. Fest steht, dass das in den Predigten nachdrücklich geforderte und geförderte aktive gesellschaftliche Engagement zwar dort, nicht aber in Politik und Medien und somit auch in der deutschen Öffentlichkeit Berücksichtigung findet.

Die Daten des Projekts beruhen auf bis 2005 zurückreichenden, digital verfügbaren Predigten der drei großen muslimischen Verbände Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB), Islamische Gemeinschaft Millî Görüş e.V. (IGMG) und Verband der Islamischen Kulturzentren e.V. (VIKZ), die für 1500 von 2300 Moscheen und Gebetsräumen in Deutschland verantwortlich sind. Stichprobenartig wurden diese Predigten auf mündlich-schriftliche sowie sprachliche Unterschiede (deutsch/türkisch) hin geprüft. Bei dem Projekt handelt es sich um eines der sechs Teilprojekte von „Wechselwirkungen“, die mit einer Laufzeit von 2000-2024 die Auswirkungen gesellschaftlicher Diskurse um Islamismus und die Folgen von Maßnahmen gegen Radikalisierung auf muslimische Communitys untersucht haben.

Weitere Informationen:

Dr. Jörn Thielmann
Geschäftsführer des FAU Forschungszentrums Islam und Recht in Europa
Tel. 09131/85-22239
joern.thielmann@fau.de