Publikationen: Das war 2016!

Tablet
Bild:PantherMedia / Evgeny Atamanenko

Die türkische AKP als islamische Bewegung, religiöses Leben in deutschen Schulen, Asyltrends in Europa oder das österreichische Islamgesetz: Das Team des EZIRE forschte im Jahr 2016 zu unterschiedlichen Themen und Fragestellungen – aus sozialwissenschaftlichen, rechtswissenschaftlichen, islam- oder religionswissenschaftlichen sowie aus historischen Forschungsperspektiven. Hier eine kurze Übersicht zu den diesjährigen Ergebnissen, die publiziert wurden:

Islam & Recht

Wie stehen Muslime in Deutschland und Europa zu den säkularen Rechtsstaaten, in denen sie leben? Mathias Rohe nähert sich in seinem Aufsatz Muslimische Grundhaltungen zum säkularen Rechtsstaat – eine deutsche und europäische Perspektive dieser Fragestellung aus staatsrechtlicher Perspektive.

Muslimische Grundhaltungen zum säkularen Rechtsstaat - eine deutsche und euro- päische Perspektive, in: Sächsische Landeszentrale für politische Bildung (Hg.) Achtung Kurzschluss! - Religion und Politik, S. 161-179.

 

In der deutschen Öffentlichkeit wurde im Rahmen einer sich auch hier deutlich polarisierenden Islamdebatte die Frage aufgeworfen, ob die österreichischen Regelungen auf Deutschland übertragen werden können und sollen. In seinem Artikel Ein Modell für Deutschland? Das österreichische Islamgesetz beleuchtet Mathias Rohe die historischen, politischen und staatsorganisatorischen Besonderheiten, auf denen das österreichische Islamgesetz beruht.

Ein Modell für Deutschland? Das österreichische Islamgesetz, in: Salzkörner, Materialien für die Diskussion in Kirche und Gesellschaft, Nr. 3, Juni 2016, S. 8-9.

Islam & deutsches Recht

Mathias Rohe zeigt in seinem Buchbeitrag Europäisches Kollisionsrecht und religiöses Recht anhand etlicher Beispiele die Probleme auf, die bei der Anwendung religiös geprägten Rechts vor deutschen Gerichten entstehen können. Die Gerichte sollten diese Anwendung nur verweigern, wenn das konkrete Anwendungsergebnis – nicht die abstrakte Norm – gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts (den sogenannten „ordre public“) verstößt. Denn die pauschale Nichtanwendung diskriminierender Normen könne gerade diejenigen benachteiligen, die geschützt werden sollten, so Rohe. Das zeige sich etwa, wenn eine jahrelang misshandelte Ehefrau durch „Talaq-Scheidung“ von ihrem Ehemann einseitig verstoßen werde. Hier könne die Anerkennung der Scheidung den Interessen der Ehefrau am besten entsprechen.

Europäisches Kollisionsrecht und religiöses Recht, in: Stefan Arnold (Hg.) Grundfragen des Europäischen Kollisionsrechts, S. 67-86.

 

Wird der deutsche Rechtsstaat durch „Paralleljustiz“ untergraben? Gibt es Scharia-Gerichte, die islamisch-orientalische Rechtsnormen gegen die Ordnung des Grundgesetzes durchsetzen? Der Beitrag ADR und „Paralleljustiz“ will zunächst die Fakten klären. Mathias Rohe arbeitet die wirklichen Ursachen von „Paralleljustiz“ heraus, beschreibt Möglichkeiten, wie rechtsstaatlicher Schutz für die gesamte Bevölkerung effizient gewährleistet werden kann, und unter welchen Voraussetzungen außergerichtliche Streitbeilegung positiv zu nutzen ist.

ADR und „Paralleljustiz“, in: Politische Studien, Jg. 67, der Hanns    Seidel Stiftung, S. 24-32.

 

In der Diskussion, ob Rechtsvorstellungen im Islam dem westlichen Verständnis von Demokratie und Freiheit widersprechen, werden oft die Mechanismen des Rechtsstaats verkannt, aber auch die Vielfalt islamisch-normativer Haltungen. Eine Religion unter Generalverdacht zu stellen ist falsch und schädlich, arbeitet Mathias Rohe in seinem Beitrag Verhalten der Menschen prüfen – Islam und deutsches Recht heraus.

Verhalten der Menschen prüfen – Islam und deutsches Recht, in: Forschung & Lehre, Jg. 23.

Der Sammelband „Glanzlichter der Wissenschaft“ vereinigt herausragende wissenschaftliche Veröffentlichungen und Vorträge renommierter Autoren, die im Laufe des Jahres 2016 entstanden sind. Sie spiegeln Entwicklungen wider, die über den Tag und das Jahr ihrer Veröffentlichung hinaus Bedeutung behalten – als Beispiele für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Themen unserer Zeit.

Verhalten der Menschen prüfen – Islam und deutsches Recht, in: Deutscher  Hochschulverband (Hg.): Glanzlichter der Wissenschaft.

Islam in Deutschland

Religiöses Leben in deutschen Schulen hat zu Kontroversen in den letzten Jahren geführt. In den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerieten „fundamentalistische” Christen, die gegen Sexualkundeunterricht oder die Präsenz des Islam in Schulen aufbegehrten. Kopftuchtragende Lehrerinnen, der Ausschluss von koedukativem Schwimmunterricht, Gebetsmöglichkeiten in den Pausen und – nicht zuletzt – die Einführung von islamischem Religionsunterricht – all dies wurde unter Politikern und in Gerichtssälen diskutiert. Der Buchbeitrag Religion in Schools from a Legal Viewpoint von Mathias Rohe skizziert den juristischen Kontext dieser Konflikte und arbeitet angemessene Lösungen für jene heraus.

Religion in Schools from a Legal Viewpoint, in: Manfred L. Pirner, Johannes Lähnemann, Heiner Bielefeldt (Hg.), Interdisciplinary Studies in Human  Rights 1 - Human Rights and Religion in Educational Contexts, S. 73-90.

 

Seit Jahrzehnten leben Muslime in Deutschland, und doch werden sie von vielen als fremd, ja als Bedrohung empfunden. Mathias Rohe leistet mit seiner fundierten Bestandsaufnahme zum Islam in Deutschland einen Beitrag zur Versachlichung. Das Buch beschreibt die Geschichte des Islams in Deutschland und die Vielfalt muslimischen Lebens in der Gegenwart. Es schildert die Bedeutung unterschiedlicher Glaubensrichtungen und Kulturen und durchleuchtet die Vielzahl an muslimischen Organisationen, Initiativen und Positionen. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich muslimisches Leben im Alltag entfalten kann.

Rohe, Mathias: Der Islam in Deutschland. Eine Bestandsaufnahme.

 

Das vom Mediendienst Integration herausgegebene Journalisten-Handbuch zum Thema Islam, das eine differenzierte Berichterstattung unterstützen will, indem es bekannte Themen neu einordnet, Zusammenhänge verständlich aufbereitet und neue Perspektiven für die Berichterstattung eröffnet, präsentiert Zahlen, Fakten und Grundlagenwissen – kurz, übersichtlich und mit Quellenverweisen. Es bietet aber auch Hintergründe, Zusammenhänge und neue Perspektiven für die Berichterstattung. In seinem Beitrag Islam und Terrorismus differenziert und erläutert Jörn Thielmann die Begrifflichkeiten zum Thema Dschihad und befasst sich mit islamisch-extremistischem Denken, terroristischem Handeln, Radikalisierungsprozessen, auch am Beispiel des Islamischen Staates (IS).

Islam und Terrorismus. In: Mediendienst Integration (Hg.): Journalisten-Handbuch zum Thema Islam. Berlin, S. 141-146.

Islamisches Recht

In seinem Buchbeitrag Recht II: Moderne (seit 19. Jh.) trägt Mathias Rohe zur Einführung in einen Bereich der wichtigen islamkundlichen Themenfelder bei. Dabei wird die Vergangenheit mit der Gegenwart eng verbunden. Alle Themen werden in diesem Sammelband systematisch und historisch wie in ihrer Gegenwartsbedeutung in den Blick genommen.

Recht II: Moderne (seit 19.Jh.), in: Rainer Brunner (Hg.), Islam - Einheit und Vielfalt einer Weltreligion, S. 258-277.

Migration

Hüseyin I. Çiçek befasst sich in seinem Buchbeitrag mit der Türkischen Migration nach Vorarlberg im Kontext individueller Gesellschaftserfahrungen. Die Autoren des Sammelbands zeigen, welch große Bedeutung Wanderungen aller Art für die Regionen des mittleren Alpenraumes in den letzten 300 Jahren hatten, obwohl gerade hier das Selbstbild einer vermeintlich sesshaften Bevölkerung besonders verfestigt erscheint. Die Vielgestaltigkeit von Migration ist überraschend und keineswegs auf die bekannten Bündner Zuckerbäcker, Montafoner Krauthobler oder italienischen Bauarbeiter beschränkt. Es ist heute nicht mehr die Frage, ob – sondern vielmehr – in welchem Maß der Blick auf Migrationen unseren Zugang zur Geschichte beeinflusst. Was verändert sich, wenn man erkennt, dass Geschichte nicht nur die Geschichte von Klassenkämpfen, sondern auch die Geschichte von Wanderungen ist?

Türkische Migration nach Vorarlberg im Kontext individueller Gesellschaftserfahrungen, in: Peter Melichar et al (Hg.): WANDERUNGEN. Migration in Vorarlberg,  Liechtenstein und der Ostschweiz zwischen 1700 bis 2000, Wien, S. 227-241.

 

Der aktuellen Thematik und Flüchtlingsdebatte nimmt sich auch Alexander Schahbasis Aufsatz 2015: Causes and Effects in der diesjährigen Publikation European Asylum Trends des Österreichischen Bundesministerium für Inneres an.

2015: Causes and Effects, in: Österreichisches Bundesministerium für Inneres   (Hg.): European Asylum Trends.

 

Migration als Thema ist so alt wie die Menschheit – und wieder zum großen Thema unseres Jahrhunderts geworden. Die Ursachen dafür sind mannigfach. In der Publikation wird die Thematik in acht Kernzonen und zwölf Experteninterviews fokussiert. Der Beitrag Staatliche Stabilität und die Zukunft der Zuwanderung von Alexander Schahbasi erfasst die komplexe Thematik in vielen Facetten.

Staatliche Stabilität und die Zukunft der Zuwanderung, in: Claus Reitan (Hg.): Die neuen Völkerwanderungen. Ursachen der Migration.

Politische Systeme & Akteure

In seinem Buchbeitrag Regime Change and Islamic Movements: The Turkish AKP and the Egyptian MB in a Comparative Perspective trägt Mahmoud Jaraba zur Diskussion über politisierte Religionen des Nahen Ostens im Sammelband bei. Jene scheinen heute mehr denn je virulent zu sein. Das Spektrum der Analysen soll dabei den Fokus auf jihadistische Akteure durchbrechen und auch andere islamische, christliche und jüdische Phänomene politischer Religiosität aufzeigen.

Regime Change and Islamic Movements: The Turkish AKP and the Egyptian MB in a  Comparative Perspective, in: Peter Lintl, Christian Thuselt and Christian Wolff (Hg.): Religiöse Bewegungen als politische Akteure im Nahen Osten.

 

Zusammen mit Lihi Ben Shitrit erarbeitet Mahmoud Jaraba im Buchbeitrag The Time of the Activist? The Israeli-Palestinian Conflict in a Changing Middle East eine Analyse zur Krisenregion Israel/Palästina. Der arabische Frühling und seine Folgen haben Regime destabilisiert, Spaltungen hervorgerufen oder verstärkt und die Region politisch neu gezeichnet. Aber was haben diese regionalen Entwicklungen fünf Jahre später bezüglich der langanhaltenden Palästina-Frage, der israelischen Besetzung und des arabisch-israelischen Konflikts hinterlassen? Auf der Oberfläche scheint es, als hätten die regionalen Unruhen Palästina von der Agenda der meisten dieser Länder vertrieben – zum Nachteil für das palästinensische Anliegen.

The Time of the Activist? The Israeli-Palestinian Conflict in a Changing Middle East, in: Intissar Fakir (Hg.): Finding Clarity in a Middle East Unbalanced, SADA, Carnegie Endowment for International Peace.