Türkischer Einfluss in Deutschland: Hüseyin Çiçek im Gespräch mit Ahval

Symbolbild zum Artikel. Der Link öffnet das Bild in einer großen Anzeige.
Foto: ©Denise Kopf

Assoziiertes EZIRE-Mitglied und Politikwissenschaftler Hüseyin Çiçek sprach am 28. November mit der Nachrichtenplattform Ahval über den türkischen Einfluss in Deutschland.

Als zentrale Institution, über die die türkische Regierung Einfluss in Deutschland nehme, nennt er DITIB, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V., die Imame aus der Türkei nach Deutschland entsendet.

Diese Imame „sind verpflichtet zu berichten, was in ihren Moscheen, ihren Gemeinden, vor sich geht.“ erläutert Çiçek. „Sie erhalten auch die Freitagspredigten aus der Türkei, also besteht eine sehr starke Verbindung“, bekräftigt er.

Besonders die 500.000 Türken in Deutschland, die wahlberechtigt in der Türkei sind, blieben stark verbunden mit ihrer Heimat. „Die türkische Community in Deutschland hat vom ersten Moment ihrer Ankunft in Deutschland Verbindungen in die Türkei aufgebaut und diese Verbindungen sind immer stärker geworden“, so Çiçek.

Diese Verbindung sei besonders deutlich bei der Eröffnung der DITIB-Moschee in Köln letztes Jahr, als neben Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan und dem Leiter des Amtes für Religiöse Angelegenheiten in der Türkei, Diyanet, noch drei weitere hochrangige Minister anwesend waren. „Sie versuchen zu demonstrieren, dass die Türkei nicht so weit weg ist“, sagt Çiçek. Diyanet versuche die Community nicht nur durch religiöse Lehren zu beeinflussen, sondern auch die Gemeindemitglieder auf die politische Linie von Erdoğan und der AKP zu bringen.

In Bezug auf die Entstehung einer deutschen Form des Islams konstatiert Çiçek, dass „sich der Prozess zur Ausbildung von Imamen in Deutschland noch in den Anfängen befindet“. Bis dieser abgeschlossen sei, müsse Deutschland weiterhin Imame importieren. Weiterhin vermutet er, dass der Wegfall von türkischen Imamen keinen großen Einfluss auf die türkischen Communities in Deutschland haben werde. „Die Verbindung mit der Türkei besteht nicht nur auf religiöser Ebene“, betont er mit dem Verweis auf die engen Beziehungen in türkischen Nachbarschaften sowie auf türkische Medien in Deutschland.

Im Hinblick auf Bombendrohungen gegen Moscheen sagt Çiçek:„Wir müssen diese Drohungen sehr ernst nehmen, da die Feindseligkeit gegen Muslime und türkischstämmige Menschen zunimmt.“ Diese Feindseligkeit bestehe schon seit der Ankunft von türkischen Menschen in Deutschland und habe nichts mit Erdoğan oder AKP zu tun. Anhänger der AfD sähen türkischstämmige und muslimische Menschen nicht als Teil der wahren deutschen Gesellschaft.

Weiterhin betont Çiçek, dass die Feindseligkeit mit dem zunehmenden Erfolg der türkischen Community zugenommen habe. Als aktuelles Beispiel für diesen Erfolg nennt er die Wahl von Belit Onay zum Bürgermeister von Hannover. „Es ist eine logische Folge, da Menschen mit türkischem Hintergrund sich seit Jahrzehnten in diesem Bereich engagieren.“

Abschließend resümiert er, dass Deutschland gut daran täte, ein gewisses Maß an türkischem Einfluss und Erfolg zu akzeptieren. „Die türkische Community ist schon vor vielen Jahren auf der politischen Bühne angekommen.“